Li Keqiang Besuch war wichtig, um den Dialog zu vertiefen

Schweitzer-Interview in der "Rhein-Neckar-Zeitung"

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Nach dem Deutschland-Besuch des chinesischen Ministerpräsidenten Li Keqiang hat  Eric Schweitzer, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages und Aufsichtsrat der Zhongde Metal Group GmbH,  in einem Zeitungsinterview eine Bilanz des Erreichten gezogen und die zentrale Forderung nach einer Gleichbehandlung von in- und ausländischen Unternehmen in China wiederholt.

Nachfolgend zitieren wir das Gespräch mit der "Rhein-Neckar-Zeitung" ("RNZ") im Wortlaut:

RNZ: Herr Schweitzer, China will von Trumps Protektionismus profitieren, seinen eigenen Markt öffnen. Hat der Besuch des chinesischen Ministerpräsidenten dabei Fortschritte gebracht, wie bewerten Sie das Ergebnis?

Eric Schweitzer: Wir sind in einigen Punkten weiter vorangekommen. Dafür sprechen auch die unterzeichneten Abkommen unter anderem in den Bereichen Mobilität und Umwelt. Aber als deutsche Wirtschaft sind wir weiterhin darauf gespannt, welche Taten auf die Worte von Präsident Xi in Davos und von Premier Li Keqiang vom Anfang des Jahres folgen.
Die Bekenntnisse zum Freihandel und gegen Protektionismus haben wir gerne gehört. Allerdings müssen wir genau hinschauen, ob wir jeweils auch dasselbe meinen. Insofern war der Besuch von Li Keqiang wichtig, um den Dialog zu vertiefen. Einige Fragen sind einfach zu groß für schnelle Lösungen. Damit meine ich nicht nur den Klimawandel, sondern beispielsweise auch die notwendigen Strukturreformen in China.

RNZ: Welche weiteren konkreten Schritte erwarten Sie von der chinesischen Seite, und welches Potenzial für die deutsche Wirtschaft hätte eine Marktöffnung in China?

Schweitzer: China ist seit dem letzten Jahr unser wichtigster Handelspartner mit einem Handelsvolumen von 170 Milliarden Euro. Ich gehe davon aus, dass das noch lange nicht das Ende der Fahnenstange ist. Über 5.200 deutsche Unternehmen sind in China aktiv. Sie sind nach der jüngsten Umfrage der Deutschen Handelskammer in China bei aller Kritik optimistisch: Über 90 Prozent sind mindestens zufrieden mit der aktuellen Lage; 50 Prozent haben positive Erwartungen für die kommenden zwölf Monate, und nur etwas unter 10 Prozent erwarten eine Verschlechterung der konjunkturellen Lage vor Ort – obwohl allgemein davon ausgegangen wird, dass das Wachstum mit 6,5 Prozent niedriger ausfällt als erwartet.
Allerdings beschreiben unsere Unternehmen Faktoren wie Rechtsunsicherheit, informellen Protektionismus und allgemein die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen zunehmend als Risiken. Die deutschen Unternehmen stellen sich dem wachsenden Wettbewerb mit chinesischen und anderen Konkurrenten. Wir pochen aber auf faire Regeln. Die Gleichbehandlung von in- und ausländischen Unternehmen in China bleibt eine unsere wichtigsten Forderungen.

RNZ: Peking plant eine Produktionsquote für ausländische Autobauer: Wie hart würde das die deutschen Autobauer treffen? Was muss geschehen, um die Quote noch abzuwenden?

Schweitzer: Die sogenannte E-Mobilitätsquote beschäftigt unsere Unternehmen. Wir sehen natürlich Riesenchancen im Mobilitätsmarkt China. Wir wünschen uns allerdings, dass deutsche Unternehmen eine faire Chance haben, sich daran zu beteiligen. Insofern freue ich mich über die erzielte Einigung und hoffe, dass sie jetzt auch so umgesetzt wird.

RNZ: Insbesondere die Stahl- und Solarbranche leidet unter Dumping-Exporten aus dem Reich der Mitte: Wie kann sich Europa dagegen wehren?

Schweitzer: Freier Handel braucht klare Regeln für fairen Wettbewerb. Die EU-Kommission versucht bereits seit 2013, die handelspolitischen Schutzinstrumente zu reformieren. Der Zeitdruck ist eher größer geworden. Grundsätzlich halte ich es daher für richtig, dass die EU ihre Anti-Dumping-Regeln überarbeitet.

RNZ: Muss sich Europa besser gegen feindliche Übernahmen aus China schützen, wie es in der EU erwogen wird?

Schweitzer: Deutschland braucht Investitionen und die deutsche Wirtschaft heißt ausländische Investitionen ausdrücklich willkommen. Bei den chinesischen Investitionen gibt es bisher eine sehr positive Bilanz. Natürlich ist wichtig, dass bei allen Transaktionen ausreichend Transparenz gewahrt wird. Das geltende Außenwirtschaftsgesetz stellt dafür prinzipiell eine gute Basis dar. Das Interesse chinesischer Investoren an Deutschland wird weiterhin hoch bleiben. Dafür sprechen die Pläne der chinesischen Regierung zur Entwicklung der Wirtschaft hin zu einem Hochtechnologieland und der gute Ruf deutscher Unternehmen. Wie überall ist es aber natürlich auch hier wichtig, dass wir in einem fairen Wettbewerb miteinander agieren.
Noch immer herrschen unterschiedliche Marktzugänge in China und Deutschland. Aber wir sollten nichts übers Knie brechen: Wenn wir jetzt unsere Hürden erhöhen, erreichen wir am Ende weniger. Der Abschluss des EU-China-Investitionsabkommens, das seit 2013 verhandelt wird, wäre indes ein positives Signal".

Quelle: DIHK – www.dihk.de/presse/meldungen/2017-06-02-schweitzer-interview-china